Ein Avatar zum Flüstern mit den Freunden
Stiftung spendet innovativen Mini-Roboter, um schwer kranken Kindern eine aktive Teilnahme am Schulleben zu ermöglichen
Lisa freut sich auf die Sommerferien – noch mehr jedoch darauf, danach wieder wie alle anderen Kinder zur Schule gehen zu können. Kurz vor ihrer Einschulung im Jahr 2019 wurde bei der heute Neunjährigen eine akute lymphoblastische Leukämie (ALL) diagnostiziert. Viele Monate ihres ersten Schuljahres verbrachte Lisa deshalb in der Kinderonkologie (Leiter: Prof. Dr. Markus Metzler) des Uniklinikums Erlangen. Kurz nach Beginn ihres vierten Schuljahres musste sie im vergangenen Herbst dorthin zurück: Erneut waren Krebszellen in ihrem Blut gefunden worden. „Für mich brach eine Welt zusammen“, sagt sie rückblickend. „Ich war gerade zur Klassensprecherin gewählt worden und wollte nicht wieder in die Klinik.“ Eine Hilfe war dem Mädchen in dieser schweren Zeit ihr weißer Avatar, ein 30 Zentimeter großer, rundlicher Mini-Roboter, den sich die Jakob-Herz-Schule, staatliche Schule für Kranke, für Lisa vom Medienzentrum der Stadt Erlangen ausgeliehen hatte, und der fortan statt der Neunjährigen ihren Platz im Klassenzimmer einnahm. „Weil das Medienzentrum nur zwei Avatare hat, die meistens für einen längeren Zeitraum gebraucht werden, möchten wir die wichtige Arbeit der Schule mit einem eigenen Gerät unterstützen“, so Dr. Michael May, Mitglied des Vorstands der Bristol Myers Squibb-Stiftung Immunonkologie. Dem Schulleiter Markus Elser übergab er einen Avatar samt iPad sowie ein 24-monatiges Softwarepaket mit der Option auf eine Verlängerung als Spende im Wert von rund 6.000 Euro. Zusätzlich brachte Dr. May zehn Plüsch-Avatare mit nach Erlangen – als kuschelige Stellvertreter des Mini-Roboters bei den kranken Kindern.
In den Monaten, in denen Lisa gemeinsam mit dem Team der Erlanger Kinderonkologie erneut ihre Krebserkrankung bekämpfte, besetzte ein weißer Avatar ihren Platz in ihrer Heimatschulklasse, und Lisa konnte über den Avatar zuhause am Unterricht teilnehmen. Die Lehrkräfte der Jakob-Herz-Schule unterstützten das Mädchen während der stationären Behandlung im Uniklinikum dabei, die von ihrer Heimatschule gelieferten Unterrichtsinhalte zu vermitteln.
Wortmeldung per Mini-Roboter
Ohne selbst gesehen zu werden, konnte Lisa den Mini-Roboter während des Unterrichts über ein Tablet drehen oder sich über ihn zu Wort melden und so aktiv teilnehmen. Dank des Avatars sah sie, was ihre Lehrerin an die Tafel schrieb, und hörte die Unterrichtsbeiträge der übrigen Schülerinnen und Schüler. „In einer Unterrichtsstunde wusste niemand die Antwort auf eine Frage der Klassenlehrerin; zum Glück war Lisa über ihren Avatar zugeschaltet und hat der Klasse so die richtige Lösung mitteilen können“, berichtet Markus Elser, Schulleiter der Jakob-Herz-Schule Erlangen.
Auch soziale Interaktion ist möglich
„Mich überzeugt diese von Menschenhand gesteuerte moderne Technik, die den jungen Patientinnen und Patienten Selbstbestimmung und tägliche soziale Interaktion ermöglicht“, betont auch Dr. Michael May, der die Avatar-Spende der Bristol Myers Squibb-Stiftung Immunonkologie nach Erlangen brachte und die anwendungsfreundliche Technologie des kleinen Roboters hervorhebt. „Die kranken Kinder sind bei der Nutzung vor neugierigen Blicken geschützt und können nicht nur am Unterricht teilnehmen, sondern über die Augen des Avatars auch ihre Emotionen mitteilen. Sogar ein Flüstern mit den Tischnachbarn ist möglich.“
Erster eigener Mini-Roboter für die Schule
Mit dem Avatar-Paket der Stiftung verfügt die Jakob-Herz-Schule jetzt über ihren ersten eigenen Mini-Roboter, wofür Schulleiter Markus Elsner und Prof. Metzler ihren herzlichen Dank aussprechen. Lisa, die gemeinsam mit ihrem Vater zur Spendenübergabe kam, braucht ihren Leih-Avatar für die im Herbst beginnende fünfte Klasse nicht mehr; die tapfere Grundschülerin hat auch ihre zweite monatelange Krebsbehandlung erfolgreich abschließen können. „In meinem Blut sind jetzt keine Krebszellen mehr, und meinen Geburtstag konnte ich wieder zu Hause feiern“, freut sie sich.
Jakob-Herz-Schule, staatliche Schule für Kranke
Als Sachaufwandsträger der Jakob-Herz-Schule zeichnet sich die Stadt Erlangen verantwortlich. Unterrichtet werden Schülerinnen und Schüler aller Schularten und Jahrgangsstufen für die Zeit, in der sie stationär im Uniklinikum Erlangen behandelt werden und deshalb ihre Heimatschulen nicht besuchen können. Aktuell unterrichten Lehrkräfte aller Schularten an insgesamt drei Standorten: in der Loschge-Grundschule Erlangen und in zwei Einrichtungen des Uniklinikums Erlangen. Im Jahr 2024 soll die Schule ein eigenes Gebäude erhalten.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Markus Metzler
09131 85-33731
markus.metzler(at)uk-erlangen.de